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Was ist der Unterschied zwischen Hardware und Software Produktmanagement?

Produktmanagement für Hardware und Software sind zwei Welten. Oder doch nicht?

In diesem Artikel geht es um Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Mein Steckenpferd als Trainerin für Produktmanagement sind physische Technologie-Produkte bzw. erklärungsbedürftige Produkte, die im B2B- und Industrieumfeld verkauft und genutzt werden. Dabei handelt es sich immer um Produkte, die Kombinationen aus Hardware, Software und Mechanik sind. Mein persönlicher Background ist die Medizintechnik (mehr über mich).

Jetzt ist es so, dass es heutzutage ja kaum mehr ohne Software-Anteile in einem Produkt geht. Auch zusätzliche produktbegleitende Dienstleistungen werden häufig über digitale Produkte, wie Apps oder Software-as-a-Service abgebildet. In vielen Unternehmen gibt es daher immer häufiger beides: sowohl Produktmanager*innen für die Hardwareprodukte als auch für die Softwareprodukte. Sie sind gemeinsam für das Gesamtportfolio zuständig. Häufig gibt es zwischen den Produkten Überschneidungen und Synergien. Hardware- und Software-Produktmanager*innen arbeiten also im Idealfall Hand in Hand zusammen.

Da man selbst entweder aus der einen oder anderen Ecke kommt und häufig in den Diskussionen unter den Produktmanagement-Fachleuten der Eindruck entsteht, es lägen Welten zwischen den beiden „Arten“ von Produktmanagement, möchte ich in diesem Artikel die Unterschiede und Gemeinsamkeiten einmal näher beleuchten. Es schadet sicherlich keiner der beiden Seiten, ihre Komfortzone zu verlassen und über den jeweiligen Tellerrand zu blicken. Und tatsächlich unterscheiden sich Verantwortlichkeit, Aufgabenbereich und Handwerkszeug zwischen Hardware- und Software-Produktmanagement weit weniger als gemeinhin angenommen.

Gemeinsames Verständnis von Produktmanagement bei Hardware- und Software-Produkten

Als Produktmanager*innen geht es uns darum, richtig gute Produkte mit echtem Mehrwert und Nutzen auf den Weg zu bringen und zum Erfolg zu führen. Das haben wir alle gemeinsam, egal für welche Produkt-Kategorie wir verantwortlich sind.

Produktmanagement wird im Hardware-Kontext häufig als Prozess verstanden. Die Aufgabenbereiche Analyse (von Markt, Kunde, Wettbewerber und eigener Produkt-Performance), Strategieentwicklung, Produktinnovation und Vermarktung erfolgen in einer gewissen sequenziellen Reihenfolge. In meinem Verständnis ist Produktmanagement jedoch eher vergleichbar mit einem Zyklus, der aus Rückwärts- und Vorwärts-Bewegungen zwischen diesen Aufgabenbereichen besteht (mehr dazu auch hier).

Der Product Management Cycle von PRODUCT LOUNGE

Jetzt sind Produkte keine Projekte und Produktmanager*innen auch keine Projektmanager*innen. Im Zusammenhang mit Hardware-Produkten wird allerdings sehr häufig von Entwicklungs-Projekten gesprochen, die auch noch teilweise sehr lange dauern. Logisch, denn Hardwareprodukte erfordern umfangreiche Design-, Prototyp- und Fertigungsphasen, die mehr Zeit in Anspruch nehmen können. Nun beobachte ich häufig bei meinen Kunden und Teilnehmer*innen, dass (noch) kein trennscharfes Verständnis von Produkt- und Projektmanagement vorherrscht. Es wird eben vielfach von Projekten gesprochen und nicht selten sind Produktmanager*innen auch Projektmanager*innen in Personalunion. Produkt- und Projektmanagement sind allerdings zwei verschiedene Disziplinen mit unterschiedlichem Fokus. Durch die meist agile Vorgehensweise sind die Software-Produktmanager*innen hier vielleicht schon einen Schritt weiter in ihrem Verständnis von Produktmanagement. Softwareprodukte können schneller iteriert und weiterentwickelt werden. Das Denken in Produkten statt Projekten ist hier schon etwas weiter ausgereift und führt zu einem anderen Bewusstsein in Bezug auf den zyklischen Verlauf der Produktmanagement-Aufgaben und ihren Stellenwert innerhalb der Organisation.

Das soll jedoch nicht notwendigerweise heißen, dass Software-Produktmanager*innen etwa ein klareres Rollen- und Aufgabenverständnis haben als Hardware-Produktmanager*innen. Die kontinuierliche, kunden- und anwenderzentrierte Vorgehensweise mag hier ggf. schon etwas tiefer verankert sein, dafür liegt der Fokus der Aufgabendefinition vielleicht etwas zu sehr auf der Produktentwicklung. Viele Product Owner, die ich bisher kennenlernen durfte, sehen die Produktmarketing-Aufgaben, d.h. die Gestaltung des gesamten Marketing-Mix, eher weniger in ihrer Verantwortung. Dabei sind sie genauso Teil der Produktmanagement-Verantwortung für den Produkterfolg.

Letztendlich gilt auch hier wieder mein Lieblingsspruch: „Produktmanagement ist, was ein*e Produktmanager*in macht.“ Sprich, es kommt weniger darauf an, für welche Art von Produkt du verantwortlich bist, als auf deine Definition und Interpretation deiner Produktmanagement-Rolle und Aufgaben.

Unterschiede in der Produktentstehung von Hardware- und Software-Produkten

Hardware-Produkte als Kombinationen aus Mechanik, Elektronik und Software sind in der Regel technisch komplexer als Softwareprodukte. Sie erfordern eine detaillierte Planung und Koordination verschiedener Aspekte wie Design, Materialbeschaffung, Produktion, Qualitätskontrolle und Lieferkette. Sie können außerdem nicht scheibchenweise gelauncht werden. Bei Software-Produkten kann in gewisser Weise experimenteller vorgegangen werden, weil Features implementiert und bei ausbleibendem Markterfolg auch wieder entfernt werden können, ohne dass das Produkt größeren Schaden nimmt oder allzu viel weitere Energie in die Entwicklung dieses Features geflossen ist.

Bei Hardware-Produkten ist das sehr viel schwieriger möglich. Wenn z.B. das Gehäuse eines Geräts fertig designt und die Spritzgussform erstellt ist, ist es anschließend kaum mehr möglich nachträglich noch einen Griff hinzuzufügen oder wegzulassen. Hardware-Produkte müssen entsprechend von Beginn an durchdacht und geplant sein, auch weil sie meist längere Produktlebenszyklen von mehreren Jahren haben. D.h. Hardware-Produktmanager*innen müssen gut antizipieren, weshalb Branchenerfahrung durchaus wichtig und hilfreich ist. Mein Eindruck ist, dass Hardware-Produktmanager*innen i.d.R. nicht so häufig den Produkt-Markt wechseln.

Die vollständige Definition der Anforderungen sowie auch die entsprechende Dokumentation sind ebenfalls wichtige Schritte im Zuge der Produktentwicklung. Prototyping, formative Usability-Tests und generell Voice-of-Customer bzw. User-Research sind zwingend notwenige Aufgaben im Produktmanagement, um Fehlentwicklungen zu vermeiden. Es geht dabei darum, den Kontext, in dem ein Produkt eingesetzt wird, genau zu verstehen und vor allem auch die User-Perspektive einzuholen. Allzu oft beschränken sich Produktmanager*innen auf die Analyse der Kundenbedürfnisse und vernachlässigen dabei, dass User und Kunden gerade im B2B-Umfeld nicht die gleiche Personengruppe sind und zudem unterschiedliche Ziele und Interessen am Produkt haben.

Ich möchte hier jetzt gar nicht weiter auf klassische oder agile Vorgehensweisen in der Produktentwicklung eingehen und welche davon besser ist oder ob überhaupt eine besser ist. Denn beide Vorgehensweisen haben sicher ihre Berechtigung. Es geht auch mehr darum, womit das Team besser klar kommt. Aus Produktmanagement-Sicht kann es uns tatsächlich gleichgültig sein, in welchem Vorgehensmodell die Entwicklung arbeitet. Viel entscheidender ist, was beim Produkt am Ende rauskommt- und das gilt für Produktmanager*innen sowohl von Hardware-Produkten also auch von Software-Produkten. Dazu braucht es tiefes Verständnis des zu lösenden Kunden- bzw. Anwender-Problems, eine klare Produktvision und eine Produktstrategie. Ein agiles Mindset, das auf Offenheit, Eigen-Motivation, Lernbereitschaft, Selbst-Verantwortung, Inspiration und einer entsprechenden Fehlerkultur basiert, ist in jedem Falle und ganz unabhängig vom Vorgehensmodell modern und zielführend. Hier kann sich die Hardware-Welt evtl. eine Scheibe abschneiden von der Software-Welt, wobei auch hier nicht alle Teams trotz Scrum wirklich agil sind. Kern der Agilität ist eben nicht das Vorgehensmodell, sondern vielmehr eben genanntes Mindset und die dazugehörigen Werte.

Was Hardware- und Software-Produktmanager*innen voneinander lernen können

Hardware-Produktmanager*innen können von Software-Produktmanager*innen lernen, wie sie bereits zu Beginn der Produktentwicklung eine starke Kundenfokussierung etablieren können. Die eben angesprochenen agilen Methoden und ein agiles Mindset helfen dabei, schnell auf Kundenfeedback zu reagieren und das Produkt kontinuierlich zu verbessern. Software-Produktmanager*innen wissen auch, dass schnelles und frühes Feedback wichtiger ist als das perfekte Produkt. Hardware-Produktmanager*innen dürfen diese Mentalität noch etwas mehr übernehmen und frühzeitig einfache Prototypen (Mock-Ups oder Konzepte) entwickeln, um das Feedback der Kunden noch viel früher zu erhalten und ihre Produkte entsprechend anzupassen. Schließlich können sich Hardware-Produktmanager*innen von Software-Produktmanager*innen abschauen, wie sie mehr auf datenbasierte Produktanalyse und -optimierung setzen können. Durch die Messung und Nutzung von Zahlen, Daten, Fakten zum Produkt können Hardware-Produktmanager*innen ihre Produkte besser verstehen, Schwachstellen erkennen und Verbesserungen vornehmen, um die Kundenzufriedenheit zu steigern.

Umgekehrt können Software-Produktmanager*innen von Hardware-Produktmanager*innen lernen, wie sie Risiken im Vorfeld besser antizipieren können. Hardware-Produktmanager*innen sind erfahren darin, potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Außerdem können sie von ihrer Hartnäckigkeit und ihrem Durchhaltevermögen profitieren, da die Entwicklung komplexer Hardware-Produkte oft mit Herausforderungen und Rückschlägen verbunden ist. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Kundenorientierung. Zwar nutzen Software-Produktmanager*innen häufiger agile Methoden, um mehr Kundenfokus in ihre Arbeit einzubringen, bleiben dabei jedoch häufig auf der theoretischen Ebene. Hardware-Produktmanager*innen verstehen dagegen die Bedeutung von Kundenbesuchen und dem direkten Kundengespräch, anstatt sich ausschließlich auf datenbasierte Analyse zu verlassen. Durch den persönlichen Kontakt mit den Kunden gewinnen Hardware-Produktmanager*innen wertvolle Einblicke und ein tieferes Verständnis der Kundensituation sowie des zu lösenden Problems. Des Weiteren sind Hardware-Produktmanager*innen geübter darin, die Kosten- und Gewinnoptimierung über den Lebenszyklus im Auge zu behalten. Wie sie ihre Produkte wirtschaftlich effizienter gestalten können, dürfen auch Software-Produktmanager*innen evtl. etwas mehr in ihre Überlegungen zum Produkt übernehmen. Wie schon zuvor angesprochen, sind Hardware-Produktmanager*innen häufig stärker in Vertriebs- und Marketingstrategien eingebunden. Sie arbeiten nicht nur mit dem Entwicklungsteam eng zusammen, sondern auch mit anderen Abteilungen wie Recht, Vertrieb, Marketing, Controlling, Einkauf, Produktion und Logistik, um die erfolgreiche Vermarktung ihres Produkts ganzheitlich zu fördern. Hier dürfen Software-produktmanager*innen ihre Komfortzone mehr verlassen und um neue Perspektiven erweitern.

Fazit zu den Unterschieden zwischen Hardware- und Software-Produktmanager*innen

Ich habe in meiner Community wie auch in meinen Trainings und Workshops sowohl mit Hardware- als auch mit Software-Produktmanager*innen zu tun und kann sagen, es gibt sehr wohl Unterschiede im Skillset und auch im Mindset. Dabei geht es gar nicht um Bewertung. Vielmehr sehe ich diese Besonderheiten als komplementär und finde, beide Richtungen können viel voneinander lernen und sollten auch verschiedene Aspekte der jeweiligen Praktiken und Arbeitsweisen in die eigene Welt übernehmen. Denn letztendlich geht es doch nicht darum, ob die Lösung für ein Kunden- bzw. Anwender-Problem ein Hardware- oder ein Software-Produkt ist, sondern eben eine richtig gute Lösung mit einem echten Mehrwert und Nutzen darstellt. Als Produktmanager*innen dürfen und sollten wir hier stets lösungsneutral sein.

Weitere Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Produktmanagement für physische/erklärungsbedürftige Produkte und digitalen Produkten aus der „agilen Bubble“ durfte ich zusammen mit Oliver Winter im Die Produktwerker-Podcast herausarbeiten. Ich finde, es ist eine sehr interessante Folge geworden. Hier könnt ihr reinhören bzw. überall, wo es Podcasts gibt:

Hier kannst du in die Podcastfolge reinhören

Den Produktwerker-Podcast empfehle ich dir sowieso zu abonnieren, falls du ihn noch nicht kennst, auch oder gerade weil es sehr stark um agile Themen geht.

Solltest du dich als Hardware- oder Software-Produktmanager*in fachlich weiterbilden wollen, ist das Trainingsprogramm Product Management UPGREAT sicherlich interessant für dich. In dem Programm arbeiten wir an deinem klaren Rollen- und Aufgabenverständnis und heben sowohl dein Produktmanagement-Skillset als auch dein Mindset auf ein neues Niveau. Melde dich gerne unter hallo@productlounge.net und wir schicken dir weitere Informationen zu.

Unter dieser Emailadresse kannst du mir auch gerne ein Feedback zu diesem Blogartikel schicken. Mich würde deine Sicht auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Hardware- und Software-Produktmanager*innen brennend interessieren. Ich freue mich, von dir zu hören.

Bis bald,
Bernadette

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Ich bin Gründerin der
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und habe selbst lange als
Produktmanagerin in der
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Als Trainerin und Netzwerkerin für Produktmanagement
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