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Produktmanagement als Treiber der Kundenzentrierung 

Oder die Frage: Was passiert eigentlich im Innovationstrichter? 

Wie bringt man Produkte mit echtem Mehrwert und Nutzen für die Kunden und Anwender auf den Weg, die gleichzeitig zu nachhaltigem Unternehmenserfolg beitragen?

Der Schlüssel zur Antwort dieser Frage, die jedes Unternehmen umtreibt, ist die Kundenzentrierung in der Produktentwicklung – oder auch neudeutsch die Customer Centricity. 

Wie der Comic oben zeigt, ist Kundenzentrierung eben keine Funktion bzw. Aufgabe im Unternehmen oder gar eine Abteilung, sondern viel mehr eine Haltung.

Und jetzt nehme ich die Pointe gleich vorne weg: Produktmanagement ist als Schnittstellenfunktion Treiber dieser Haltung. Wie das?

Dazu eine kurze Geschichte: 

Kennst du die Underpants Gnomes aus der Serie Southpark?

Underpants Gnomes, Quelle: Southpark

In Southpark passieren seltsame Dinge. Die Unterwäsche verschwindet einfach so. Das verursacht natürlich große Verwirrung und Probleme, denn die Leute haben keine frische Unterwäsche mehr im Schrank. Grund für das mysteriöse Verschwinden der Unterwäsche sind die Underpant Gnomes, die sich das Stehlen der Unterwäsche zur Mission gemacht haben. 

In ihrer Höhle sitzen sie auf einem riesigen Berg an Unterwäsche und freuen sich über ihren „Erfolg“. Die Southpark-Jungs, die der Sache auf den Grund gegangen sind, sind verwirrt und fragen, warum sie denn so viel Unterwäsche sammeln. 

Der Business-Gnom erläutert zur Antwort den Business-Plan: In Phase 1 wird Unterwäsche gesammelt. Dann kommt Phase 2 und in Phase 3 machen wir Profit. 

Kundenzentrierung und die mysteriöse Phase 2

Wahrscheinlich kommt dir das bekannt vor. Wahrscheinlich kennst du auch diese Meetings mit den Produktteams mit den endlosen Diskussionen um Features und Funktionen und die Ratlosigkeit und ja, vielleicht auch Machtkämpfe, wenn es darum geht, Features und Funktionen zu priorisieren.

Und priorisieren müssen wir ja. Denn man kann ja nicht alles auf einmal umsetzen. Es gibt Limits in Bezug auf Budget, Zeitrahmen und Ressourcen. Hinzu kommt, dass ganz sicher auch nicht alle Ideen tatsächlich gute Ideen sind. Man kann davon ausgehen, dass 60-80% der Ideen einfach schlecht sind und scheitern, manche Statistiken sagen sogar, dass 95% der Ideen scheitern.

Du kennst sicher den Innovationstrichter: Oben kommen die ganzen Ideen rein, dann passiert etwas Magisches, das mit so abstrakten Begriffen wie Ideen anreichern, bewerten und priorisieren beschrieben wird. Unten fällt dann im Idealfall ein Produkt raus, das erfolgreich am Markt platziert werden kann und den gewünschten Umsatz oder eben Profit erzielt. 

Was für eine Magie genau passiert da eigentlich in der Mitte des Trichters oder wie hier in Phase 2? 

Das hat natürlich etwas mit den Kunden und Anwendern zu tun. Damit wir unsere Ziele als Unternehmen erreichen, müssen unsere Kunden ihre Ziele mit unseren Produkten erreichen können. Win-Win also. 

Deshalb brauchen wir also Kundenzentrierung in der Produktentwicklung und auch User Research oder Voice of Customer Research. 

Kundenzentrierung heißt nicht, dass wir die Kunden einfach befragen

Allerdings ist das so eine Sache mit der Kundenzentrierung im Sinne von „Die Kunden sagen uns, was sie brauchen“. 

Bestimmt kennst du das berühmte Zitat von Henry Ford: „Hätte ich meine Kunden gefragt, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.“

Bei diesen Kuchen hier im Bild hat sicher auch der Kunde genau beschrieben, was er haben möchte. Das kann schief gehen – nicht nur bei diesen Kuchen. 

David J. Bland nennt das auch den Product Death Cycle:

Wir finden heraus, dass unsere Kunden nicht 100% zufrieden sind und dass wir etwas am Produkt verbessern oder verändern sollten. Wir dann gehen hin und fragen unsere Kunden, was wir denn verbessern sollten. Das setzen wir dann genau so um.

Anschließend geht das Ganze von vorne los, während das Produkt immer komplexer wird und eigentlich völlig „overengineered“ ist und damit auch irgendwie unbrauchbar oder viel zu teuer wird.

Product Death Cycle von David J. Bland

Die Frage ist also: Womit verbringen Produktteams – also Teams, die ein Produkt entwickeln und auf den Weg bringen – den Großteil ihrer Zeit?

Auf der Seite der Lösungen, im Lösungsraum, also mit dem Sammeln von Unterwäsche bzw. Ideen?

Oder auf der Seite des Problemraums, in dem sie sich mit den Herausforderungen, Wünschen und Zielen der Kunden und Anwender beschäftigen? 

Es ist häufig so, dass wir 80% der Zeit im Lösungsraum und mit der Diskussion um Ideen bzw. Unterwäsche verbringen und nur 20% mit dem Erkunden des Problemraums. Dieses Verhältnis sollte jedoch ausgeglichen sein bei 50/50.

Albert Einstein wird das Zitat zugesprochen, dass er, hätte er nur eine Stunde Zeit um ein Problem zu lösen, von dem sein Leben abhängt, 55 Minuten darauf verwenden würde, das Problem genau zu versehen und die richtige Frage dazu zu formulieren. Denn, wenn er das Problem verstanden hat, fällt es ihm leicht, in nur 5 Minuten die richtige Lösung dafür zu finden. 

Und so ist es doch heutzutage auch mit der Technologie. Technologisch ist so wahnsinnig viel möglich. Features und Funktionen sind doch nicht das Problem. Wir können heute doch nahezu jedes Problem irgendwie lösen. 

Die Frage ist nur, welches Problem lösen wir? Wie finden wir relevante Kundenprobleme, die es wert sind, gelöst zu werden? 

Kundenzentrierung und die Suche nach dem Kundenproblem

Im Produktmanagement sind wir auf der Suche nach dem Product-Market-Fit, also der idealen Produkt-Markt-Kombination als dem Sweet Spot zwischen Kundenbedürfnis, Technologie und Business Value

Um da hin zu kommen, müssen wir uns jedoch erst einmal auf die Suche nach einem relevanten Problem machen, das es zu lösen lohnt, weil es so relevant ist, dass auch die Zahlungsbereitschaft und die Anzahl der Problemsituationen entsprechend groß ist. Dazu müssen wir zunächst eben den Problemraum erkunden. 

Wenn das Problem mit dem entsprechenden Marktpotential identifiziert ist, haben wir den Problem-Market-Fit gefunden. Erst dann können wir nach Lösungen suchen, die in der Lage sind, das Problem zu lösen und die es wert sind, weiterverfolgt zu werden. 

Wie aber findet man nun ein Problem, das relevant und wert ist, gelöst zu werden oder besser gelöst zu werden? Wenn es doch so schwierig ist, die Kunden einfach danach zu fragen? 

Nun, es geht nicht darum, die Kunden zu befragen, sondern vielmehr darum, sie wirklich zu verstehen. Was ist damit gemeint?

Dazu möchte ich auf die Jobs-to-be-done-Theory (kurz: JTBD) von Prof. Clayton Christensen hinweisen. Christensen war Professor für Marketing an der Harvard Business School und hat sich intensiv damit beschäftigt, wie erfolgreiche Innovationen entstehen. 

Der JTBD Theory liegt die folgende Frage zugrunde: Warum kauft oder nutzt jemand ein bestimmtes Produkt? Welche Aufgabe will er damit für sich umsetzen? Welchen Job hat das Produkt oder auch ein bestimmtes Feature? 

Was das heißt, möchte ich einmal am Beispiel eines Milchshakes von McDonalds erklären. 

McDonalds wollte die Umsätze der Milchshakes erhöhen und hat also User Research betrieben. Dabei kamen einige Ideen raus, die umgesetzt wurden und zu keinem Ergebnis in Bezug auf Umsatzsteigerung führten. 

Prof. Christensens Team hat dann erst einmal angefangen die Kunden in den McDonalds Restaurants zu beobachten. Den ganzen Tag, die ganze Woche. Wann kaufen Menschen einen Milchshake, was machen sie damit, wo kommen sie her und wo gehen sie damit hin? Sie haben herausgefunden, dass ein sehr großer Anteil morgens verkauft wird. Es sind immer Personen, die alleine sind, die reinkommen, den Milchshake kaufen, wieder rausgehen, sich ins Auto setzen und davonfahren. 

Im zweiten Schritt wurden diese Menschen befragt und es kam heraus, dass sie alle auf dem Weg zur Arbeit sind und oft noch nichts gefrühstückt haben. Auf die Frage, was sie denn tun würden, wenn sie keinen Milchshake kaufen würden, kam heraus, dass sämtliche Alternativen den Job schlechter erfüllten, als der Milchshake. Eine Banane hält nicht lange genug, ein Snickers als Frühstück verursacht Schuldgefühle, Donuts kleben an den Fingern und Bagel sind trocken. Einen Milchshake dagegen kann man leicht in einer Hand halten, während man mit dem Auto fährt, und den Inhalt nebenbei durch den Strohhalm ziehen. Das dauert auch eine Weile und hält den Fahrer während der langen langweiligen Fahrt zur Arbeit wach und beschäftigt. Der Milchshake erfüllt also den Job am besten. 

Wichtig bei der JTBD Theory zu verstehen ist, dass der Job immer da ist und eben auf die eine oder andere Art mehr oder weniger gut gelöst wird. So bestimmt der Job auch den Markt und das Wettbewerbsumfeld. Denn im Beispiel des Milchshakes kommt klar heraus, dass Milchshakes eben nicht nur mit anderen Milchshakes konkurrieren sondern vor allem auch mit alternativen Lösungen für den Job „schnelles Frühstück unterwegs“. 

Aber wie findet man nun den Job-to-be-done heraus? 

Kundenzentrierung und die Bedeutung von Empathie

Hier kommt Empathie ins Spiel. Empathie ist das Einfühlungsvermögen, das „sich in die Schuhe des anderen stellen“

Welchen Impact das auf die Kundenzentrierung und die Produktentwicklung haben kann, möchte ich an der Geschichte von Doug Dietz aufzeigen. Die Geschichte begleitet mich schon sehr lange, da auch ich eben aus der Medizintechnik komme

Doug Dietz war Lead Designer bei GE Healthcare für große MRT und CT Systeme. Ein Produkt, an dem er über 2 Jahre gearbeitet hatte, war gerade gelauncht worden und er wollte die erste Installation des neuen Scanners besuchen. Er war ganz stolz auf sein „Baby“ und auch zu Recht, denn er hatte dafür einen in der Branche renommierten Designpreis gewonnen. 

Als er da war, wurde ihm gesagt, dass auch gleich eine Patientin kommen würde. Er wartete im Flur als er die Patientin kommen sah. Es war ein kleines Mädchen an den Händen ihrer Eltern. Ihr Vater sagte zu ihr: „Wir haben darüber gesprochen, du kannst das schaffen.“ Sie hatte offensichtlich große Angst. 

Doug fragte dann das medizinische Personal, ob solche Szenen denn häufiger vorkommen würden und sie sagte: „Oh ja, wir müssen fast alle Kinder sedieren, damit die Untersuchung durchgeführt werden kann. Oft entsteht Leerlauf, weil Untersuchungen kurzfristig abgesagt werden, weil es einfach nicht geht. Die Angst ist zu groß.“ 

Dann ging Doug die Knie, auf Augenhöhe mit dem kleinen Mädchen und hat sich den Raum und sein Gerät aus dieser Perspektive angeschaut und erkannte das furchterregende Problem der ganzen Szene. 

Aus dieser Erfahrung ist die GE Adventure Series für die Pädiatrie entstanden. Die Bild- und Themenwelten nutzen die Vorstellungskraft von Kindern und machen die Untersuchung zu einem Abenteuer-Spiel für sie. Denn nur wenn man ganz still liegen bleibt, springen die Fische über den kleinen Patienten hinüber. 

Quelle: GE Healthcare

Die Folge ist, dass sich die Anzahl der notwendigen Sedierungen deutlich reduziert hat. Eltern sind entspannter, weil ihre Kinder entspannter sind und umgekehrt. Und das medizinische Personal kann auch seinen Job und seine Berufung, Menschen zu helfen, besser umsetzen. 

Ich finde, diese Geschichte zeigt wunderbar, dass es eben nicht nur um technische Funktionalität geht, sondern darum, die Welt ein Stückchen besser zu machen. 

Und die Geschichte zeigt auch, dass es wichtig ist, gerade im Rahmen der Kundenzentrierung eben keinen zu vergessen. 

Denn die Unterscheidung zwischen Kunden und Anwender und Kunden des Kunden ist wichtig. 

Jeder hat einen anderen Blick auf das Produkt, nimmt eine andere Perspektive ein und hat natürlich auch andere Herausforderungen, Wünsche und Nutzenerwartungen an das Produkt. 

Bei der Produktentwicklung sollten dementsprechend eben alle berücksichtigt sein, um ein Produkt mit echtem Mehrwert und Nutzen auf den Weg zu bringen. 

Was hat das jetzt mit Produktmanagement zu tun? Was ist Produktmanagement überhaupt? 

Ganz einfach: All das, worüber ich bis jetzt hier geschrieben habe, ist die Aufgabe des Produktmanagements.

Produktmanagement ist verantwortlich für den Produkterfolg und bringt dementsprechend die 3 Dimensionen Technologie, Kunden und Business Value zusammen. 

Es ist einerseits das Ohr am Markt und die Stimme der Kunden und Anwender, es ist ihr bester Kenner. Und andererseits kennt es die Technologie und bringt diese beiden Welten zusammen, immer mit dem Hintergrund, dass daraus auch ein nachhaltiges Business entstehen soll. 

Und um das tun zu können, setzt sich Produktmanagement aus 5 großen Aufgabenbereichen zusammen, die ich im Product Management Cycle zusammengefasst habe.

Der Product Management Cycle von PRODUCT LOUNGE

Für mich ist Produktmanagement kein Prozess mit einem Anfang und einem Ende, sondern vielmehr ein Zyklus mit Iterationsschleifen und Vor- und Zurück-Bewegungen. 

In jedem Aufgabenbereich erarbeitest du etwas und hast einen Erkenntnisgewinn, der Auswirkungen auf die anderen Aufgabenbereiche hat, weshalb du immer wieder vor und zurück gehen musst, um Dinge zu testen und Ideen zu korrigieren. 

Die Leadership-Rolle steht in der Mitte, weil diese Aufgabe in alle Bereiche immer wieder reinspielt. Produktmanagement ist eine Schnittstellenfunktion und Treiber der Themen und Produkte. 

Was war jetzt noch mal mit der Magie im Inneren des Innovationstrichters? 

Die Magie im Inneren des Innovationstrichters, oder die Frage wie man von Phase 1 zu Phase 3 kommt, genau das ist die Aufgabe des Produktmanagements. Und genau darin liegt auch der Nutzen des Produktmanagements. 

Die ganze Magie besteht darin, herauszufinden, was das Ergebnis ist, das sich die Kunden und Anwender wünschen. Welchen Fortschritt möchten sie im Ergebnis machen? 

Und das setzt wiederum ein bestimmtes Skillset und vor allen Dingen das entsprechende Mindset bei den Produktmanager*innen voraus. Damit sie die richtigen Fragen stellen können. 

Denn es geht nicht darum, Unterwäsche zu sammeln und Anforderungen zu verwalten. 

Sondern es geht darum, Produkte mit echtem Mehrwert und Nutzen auf den Weg zu bringen, die nachhaltigen Erfolg bringen und die Welt ein Stückchen besser machen. 

Über Kundenzentrierung in der Produktentwicklung und die Rolle des Produktmanagements habe ich im Juli 2022 auch mit Dr. Tanja Jovanovic im How-To-Innovate Podcast von Bayern Innovativ gesprochen.

Hör gerne in die Folge rein

Wenn du als Produktmanager*in jetzt an deinem kundenzentrierten Skillset arbeiten möchtest oder dir für dein Produktmanagement-Team diese Veränderung weg von Feature-Diskussionen hin zu einer kundenzentrierten Denk- und Vorgehensweise wünschst, dann ist mein Trainingsprogramm Product Management UPGREAT interessant für dich.

Schau mal rein und vereinbare einen Kennenlerntermin mit mir. Dann können wir besprechen, wie wir dich und Team bestmöglich nach vorne bringen. 

Bis bald, Bernadette

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Hallo, ich bin Bernadette.

Ich bin Gründerin der
PRODUCT LOUNGE
und habe selbst lange als
Produktmanagerin in der
Medizintechnik gearbeitet.
Als Trainerin und Netzwerkerin für Produktmanagement
bringe ich heute mein Wissen,
meine Erfahrungen und Stärken ein,
um Produktteams und Produktmanager*innen wie dich
vorwärts zu bringen.

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Product Management UPGREAT ist das berufsbegleitende Live Online Ausbildungsprogramm für Produktmanager*innen technischer Produkte, die besser arbeiten und persönlich erfolgreich sein wollen. 

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